Beim Lesen brauchen wir die Vernetzung unserer Gehirnhälften. Nach dem kinesiologischen Modell hat jede Gehirnhälfte spezifische Fähigkeiten. So kann die analytische Gehirnhälfte, die meist die linke ist, die Details erkennen, also die Buchstaben in einem Wort. Ohne die kreative, rechte Gehirnhälfte jedoch wäre sie aufgeschmissen, denn diese hat den Blick fürs große Ganze. Sie kann Buchstaben zusammen ziehen und erkennen, was ein Wort ist.
Was passiert nun, wenn beide Gehirnhälften nicht gut zusammen arbeiten? Ist die rechte Gehirnhälfte ungenügend integriert und die linke Hälfte „auf sich allein gestellt“, so erkennen wir zwar die Buchstaben eines Wortes, zum Beispiel M A M A, erkennen aber nur schwer, dass dies „Mama“ heißt.
Umgekehrt, wenn die linke Gehirnhälfte nicht gut mitarbeitet, so sehen wir großzügig über einzelne Buchstaben hinweg, aus „Kartoffel“ wird zum Beispiel „Karotte“, weil das Wort ja auf den ersten, groben Blick ähnlich aussieht.
Passiert einem das, so wird das Lesen mühsam, wir quälen uns durch den Text. Es dauert lange, bis wir einen Abschnitt gelesen haben und den Inhalt verstehen.
In der Kinesiologie arbeiten wir mit gezielten Bewegungen an der Vernetzung des Gehirns. Eine solche Bewegung ist die Überkreuzbewegung, die Kinder ab 4 -5 Jahren bringen sollten.
Man hebt ein Bein an und berührt das Knie gleichzeitig mit der gegenüberliegenden Hand, dann wechselt man. Gelingt dies flüssig, rhythmisch und ohne Anstrengung, dann können wir die Körpermittellinie gut überschreiten. Unserem Gehirn gelingt es, leicht zwischen „links“ und „rechts“ hin und herzuwechseln. Es werden im Corpus Callosum, dem „Balken“ zwischen den Gehirnhälften, Nervenverbindungen geknüpft.
In meiner Arbeit mit Kindergartenkindern stelle ich fest, dass gerade diese Bewegung für einige sehr anstrengend ist. Und ich sehe aber auch, dass die meisten sehr schnell und mit Freude lernen, um Bewegungen über die Mittellinie zu vollziehen – als eine Voraussetzung für das Lesen.